Vortrag von Uwe Müller, Autor, Wirtschaftsjournalist und Redakteur der Zeitung „Die Welt“ am 23.11.2007
Ausgehend von den Thesen in seinem Buch „Supergau Deutsche Einheit“ befasste sich der Referent zunächst mit den Ausgangspositionen der beiden deutschen Staaten nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Durch die Abwanderung der Industrie in den Westen habe der Osten 360.000 Unternehmen verloren. An deren Folgen kranke Ostdeutschland bis heute. Der Prozess der Entindustrialisierung sei nicht oder kaum revidierbar.
Der Referent machte drei „Zeitbomben“ für seine pessimistische Einschätzung aus.
- Verzerrte Wirtschaftsstrukturen und ein ausgedünnter Unternehmenssektor. Nach der Wiedervereinigung habe ein Kahlschlag der Ostkonzerne stattgefunden.
Die Ostwirtschaft sei geprägt durch eine ungesunde Struktur mit wenig Beschäftigungszuwachs in der Industrie und diene der Westwirtschaft als verlängerte Werkbank. - Desolater Zustand der öffentlichen Finanzen der ostdeutschen Bundesländer. Die Schulden der öffentlichen Haushalte seien explosionsartig angewachsen, die künftigen Etats würden nachhaltig schrumpfen und durch die hohen Finanztransfers von West nach Ost werde der Föderalismus insgesamt gefährdet.
- Katastrophe der demografischen Entwicklung. Der Osten werde 1,5 Millionen vorwiegend junge Menschen, insbesondere junge Frauen durch Abwanderung in den Westen verlieren, vergreise zunehmend und werde die weltweit geringste Geburtenrate aufweisen.
Der Referent zeigte am Beispiel Irlands auf, dass er eine Aufholjagd für möglich halte. Erforderlich seien eine wirtschaftsfreundliche Deregulierung der Verwaltungen und des Arbeitsmarktes, die Einschränkung des Staatskonsums, eine deutliche Verbesserung des Bildungswesens und eine niedrige Besteuerung von Unternehmen sowie eine strikte Lohnzurückhaltung.